~ Hexenprozesse / Hexenhammer / Ketzerhammer ~
Mit der Hexenverfolgung wird fast ausschließlich nur die katholische Kirche in Verbindung gebracht, die Realität ist allerdings wesentlich komplexer. Unbestritten mag allerdings sein, dass der Malleus Maleficarum (Der Hexenhammer) die Ängste der Bevölkerung schürte. Der Dominikanermönch Heinrich Kramer verfasste vor 1486 den Hexenhammer als Handbuch für die Inquisition und behandelte in diesem Werk diverse Fragen, die den Inquisitoren einen Leitfaden bieten sollten.
Ein Beispiel aus dem Hexenhammer: In der fünften Frage versuchte er zu klären, ob Todfeinde zu Zeugenaussagen zugelassen werden sollten:
„Wenn aber gefragt wird, ob der Richter Todfeinde eines Beschuldigten in einem solchen Fall zum Zeugnis ablegen oder zum Verhandeln gegen den zulassen könne, so antworten wir, dass nicht. Daher Archidiaconus, wie oben: „Verstehe es jedoch nicht so, dass in diesem Verbrechen ein Todfeind zu Verhandlung zugelassen wird“, 3 q. 5 c. 2 und de simo. Licet heli. am Ende. Darüber merkt auch Hostiensis genügend in summa de accu. § quis possit an. Welche aber werden Todfeinde genannt? Beachte, dass, weil nur mit Rücksicht auf eine Feindschaft jemand zurückgewiesen wird und man nicht jede beliebige zurückst, sondern eine tödliche begriffen wird: weil tatsächlich der Tod zwischen die Betreffenden getreten ist oder beabsichtigt worden ist oder was zum Tode führt oder der Weg dahin oder schwere und tödliche Wunden erfolgt sind und ähnliches, was auf die Treulosigkeit und Ruchlosigkeit des Handelnden gegenüber dem Opfer schließen lässt, um dessentwillen man annimmt, er werde, so wie er beabsichtigt hat, ihm durch Verwunden den leiblichen Tod anzutun, es auch dadurch versuchen, dass er ihm dieses Verbrechen der Ketzerei zu Last legt. Und wie er ihm das Leben nehmen wolle, hätte er ihm auch seinen guten Ruf nehmen wollen. Daher sind solche Todfeinde gesetzlich vom Zeugnis fernzuhalten. …“
- ↑ (links) Titelblatt des Hexenhammers (Malleus Maleficarum) - Lyoner Ausgabe von 1669
- ↑ (rechts) Verbrennung des Jan Hus auch Johannes Huss genannt auf dem Scheiterhaufen am 06.07.1415 in Konstanz. Darstellung aus der Spiezer Chronik von 1485
Der Hexenhammer war ursprünglich, wie fast alle Schriften der damaligen Zeit, in lateinischer Sprache abgefasst worden und richtete sich somit hauptsächlich an den Klerus sowie theologische Magister. Statistisch betrachtet, sind durch die weltliche Gerichtsbarkeit die meisten Opferzahlen zu beklagen, die allerdings von Region zu Region teilweise stark schwankten. Die Zeit der Reformation führte zu Glaubensabspaltungen, die auch eine differenzierte Hexenverfolgung zur Folge hatte (insbesondere eine politisch initiierte Verfolgung). Die Täufer errichteten unter der Federführung von Jan van Leiden in Münster eine stabile Glaubensgemeinde, die sich bis in die politische Spitze des Rates etablierte. Von Leiden baute die Machtposition in Münster so weit aus, dass er sich als König Johann I. vom „Königreich Zion“ ausrief. Der im Vorweg aus der Stadt vertriebene Bischof Franz von Waldeck, warf seinerseits van Leiden Ketzerei vor und ließ Münster mit Landsknechtstruppen des Landgrafen Philipp von Hessen belagern. Münster wurde letzten Endes von den feindlichen Truppen eingenommen, Jan von Leiden, Bernd Knipperdolling sowie Bernd Krechting wollten sich nicht zum „rechten Glauben“ bekehren lassen und wurden am 22.01. 1536 mit glühenden Zangen zu Tode gekniffen. Die entstellten Leichen wurden nicht wie üblich verbrannt, sondern in eisernen Käfigen am Turm der Kirche St. Lamberti öffentlich zur Schau gestellt.
Politisch motiviert wurde die Hexenverfolgung auch in einzelnen Fällen als Mittel zum Zweck vorgeschoben. Der Reformator Martin Luther genoss gegenüber der Inquisition durch einen akademischen Grad und die Übertragung eines Lehramtes einen relativen Schutz, der durch die päpstliche Bannbulle „Decet Romanum Pontificem“ ins wanken gebracht werden sollte. Auf Drängen der Kirche, verhängte Kaiser Karl V. die Reichsacht gegen Luther.
Ungeachtet der vorherrschenden Glaubenskonflikte vertraten sowohl Calvin, als auch Luther den oft zitierten Kernsatz des 2. Buch Mose, Kapitel 22, Vers 17 wieder Hexen und Zauberern:
„Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen.“ beziehungsweise ,,Die Zauberinnen sollst du nicht am Leben lassen.”
Die Verfolgung und hiermit verbundene Einäscherung von Schadenzauberern, sowie Mittlern des Teufels (Hexen) darf nicht ausschließlich auf das Mittelalter eingegrenzt werden. Ihren Ursprung hatte die Hexenverfolgung bereits in der germanischen Mythologie, allerdings mit dem Unterschied, dass der Ausdruck „Hexe“ noch nicht bekannt war. Die Gegner der Hexenverfolgung gewannen in den einzelnen Jahrhunderten wiederholt an Einfluss, was unter anderem an dem Beschluss des Paderborner Konzils von 785 auf besondere Weise erkennbar war, welcher durch Karl den Großen bestätigt wurde:
„Wer vom Teufel verblendet nach Weise der Heiden glaubt, es sei jemand eine Hexe und fresse Menschen, und diese Person deshalb verbrennt oder ihr Fleisch durch andere essen lässt, der soll mit dem Tode bestraft werden.“
Der Aberglaube des Mittelalters entwickelte geradezu unglaubliche „Blüten“ und findet sich auf interessante Weise in dem Malleus Maleficarum (Der Hexenhammer) wieder. So verweist der Institois Heinrich Kramer auf die Fülle möglicher Gefahren und unterschiedlicher Zauberformen. Insbesondere seit dem 11. Jahrhundert bildeten sich entsprechend den Vorstellungen der damaligen Gelehrten unterschiedliche Formen der schwarzmagischen Künste heraus:
- Die schwarze Mantik – Eine Form der Zukunftsschau mit Hilfe der Dämonenbeschwörung.
- Die Nekromantie – Eine Form der Wahrsagung durch Totenbeschwörung oder Totenbefragung.
Im Hexenhammer werden in der “Sechsten Frage [III/2,16], Zwölften Akt”, abschließende Vorsichtsmaßregel aufgezeigt, die vom Richter beachtet werden müssen:
„… Erstens, dass an besonders heiligen Tagen und während der Feier der Messen befragt werden müssen, damit das Volk ermahnt wird, die göttliche Hilfe im allgemeinen, nicht im speziellen, anzuflehen, außer dass die Heiligen gegen Anfeindungen der Dämonen angerufen werden können. Zweitens, dass die Dinge, die oben vom Salz und anderen geweihten Dingen erwähnt worden sind, samt den sieben Worten, die Christus am Kreuz aussprach, auf einen Zettel geschrieben und ihm um den Hals gebunden werden sollen. Das Längenmaß Christi (Longitudo Christi: 1,60 m bis 1,80 m) werden ihm aus geweihtem Wachs auf den bloßen Leib gegürtet, wenn man es in dieser Länge gerade unschwer bekommen kann. Die Erfahrung hat gelehrt, dass sie dadurch auf wunderbare Weise bedrängt werden und schwerlich an sich halten. Besonders aber von den Reliquien der Heiligen.
Wenn dies so eingerichtet und Weihwasser im Trank gereicht worden ist, werden wiederum zu den Fragen getroffen, unter fortwährender Ermahnung wie vorher. Während er aber zur Folter vom Boden emporgehoben wird, lese der Richter die Aussagen der Zeugen unter heimlicher Weglassung der Namen vor oder lasse sich vorlesen, indem er folgendermaßen spricht: „Siehe durch die Zeugen bist du überführt!“ Desgleichen, wenn die Zeugen sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber stellen wollen, dann möge der Richter fragen, ob er gestehen wolle, wenn sich ihm die Zeugen im Angesicht zeigen? Wenn er bejahrt, dann wären die Zeugen hereinzuführen und vor ihm aufzustellen, im Falle er vielleicht aus Scham oder Verängstigung etwas gestehen möchte. Schließlich, wenn es scheint, …“
Der vorstehende Text bezieht sich auf die Befragung vermeidlicher Hexen und soll eine effektive Befragungmethodik aufzeigen, die auch verstockte Delinquenten gefügig machen sollte.
Die Erörterung zu der „Fünfzehnten Frage [III/2,15]“ gibt unter anderem auch Hinweise auf den Eigenschutz der Richter und verweist auf „Techniken, die dem Schweigezauber entgegenwirken“. – Hierzu die vorangestellte Frage:
„Über die Fortsetzung der Folter und die Vorsichtsmaßnahmen und Zeichen, an denen der Richter die Hexe erkennen kann. Und wie er sich vor ihrem Schadenzauber schützen soll. Und wie sie zu scheren sind und wo sie ihre Zauber verborgen haben. Mit verschiedenen Erläuterungen, dem Schweigezauber zu begegnen. Und es ist der elfte Akt.“
Der Institoris Heinrich Kramer führte in seinem Werk wiederholt an, dass diverse Hinweise sicheren Überlieferungen und eigenen Erfahrungen entstammen. Die damaligen „Testmethoden“ erscheinen in unserer heutigen Zeit mehr als merkwürdig, aber wir möchten einen Ausschnitt zu der „Fünfzehnten Frage [III/2,15]“ anführen, der so meinen wir von beispielhaftem Interesse ist:
„Es ist nach alter Überlieferung glaubwürdiger Leute und eigener Erfahrung das sicherste Zeichen, dass, selbst wenn er sie zum Weinen unter Beschwörungen antreibt, sei keine Tränen vergießen kann, wenn sie eine Hexe ist. Sie wird freilich weinerliche Laute von sich geben und versuchen, Wangen und Augen mit Speichel zu benetzen, wie wenn sie weinte, bezüglich dessen die Anwesenden genau aufpassen müssen. Die Weise aber, sie wahrer Tränen, falls sie unschuldig ist, zu veranlassen und dass sie falsche Tränen zurückhält, kann so oder ähnlich vom Priester unter Auflegung der Hand auf das Haupt des oder der Angezeigten mit dem Spruch ausgeführt werden: „Ich beschwöre dich bei den bittersten Tränen, die von unserem Heiland und Herrn, Jesus Christus, am Kreuz zum Heil der Welt vergossen wurden und bei den heißesten Tränen der glorreichsten Jungfrau Maria, seiner Mutter, die sie über seine Wunden zur Abendstunde hat fließen lassen, und bei allen Tränen, welche hier in der Welt alle Heiligen und Auserwählten Gottes vergossen haben, und von deren Augen jetzt jede Träne abgewischt hat, dass du, sofern du unschuldig bist, Tränen vergießest; wenn schuldig, keinesfalls. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes †. Amen.“ Die Erfahrung hat gelehrt, dass sie, je mehr sie beschworen wurden, desto weniger weinen konnten, während sie sich doch sehr zu weinen bemühten und die Wangen mit Speichel benetzten. Möglich ist jedoch, dass sie später, in Abwesenheit des Richters und außerhalb des Ortes und der Zeit der Tortur, vor den Wächtern zu weinen imstande sind.
Auf die Frage nach der Ursache der Tränenlosigkeit bei den Zauberern und Hexen kann man antworten: weil die Gnade der Tränen bei den Büßern zu den hervorragenden Gaben gezählt wird, indem Bernadus behauptet, dass eine demütige Träne in den Himmel steige und einen Unbesiegbaren besiege. …“
Der Hexenhammer vermittelt in der Erörterung der „Fünfzehnten Frage [III/2,15]“ gleichzeitig einen greifbaren Beweis für eine geradezu panische Angst der Menschen und auch der Inquisitoren. Beschwörungen der obigen Art wurden gegenüber den Beschuldigten häufig und über eine mehrstündige Zeitspanne vorgenommen. Typische Verhörpraktiken der damaligen Zeit bezogen sich nicht ausschließlich nur auf die Folter, sondern es wurde eine konstante fortdauernde Befragung durchgeführt und zielte auch auf eine physische Zerstörung der vermeintlichen Hexe ab. Ruhephasen wurden den Opfern der „Ermittlungen“ nicht zugestanden.
Ein grob gezeichnetes Beispiel bei einem geistigen Gericht:
- Der Beschuldigte wurde verhaftet und in den Hexenkarzer geworfen.
- Über mehrere Wochen erfolgte häufig keine Information etc..
- Der Beschuldigte wurde dem Gericht vorgeführt.
- Die Befragung wurde eröffnet (Folterwerkzeuge etc. werden dem Delinquenten vor der peinlichen Befragung oftmals vorgezeigt).
Wenn eine Befragung abgebrochen wird und der Beschuldigte in den Karzer zurückgeführt wird, erfolgt eine ununterbrochene Beschwörung bis zu einer erneuten Befragung. – Der Beschuldigte wird somit ununterbrochen wach gehalten, der physische und auch seelische Zusammenbruch des Beschuldigten ist somit vorprogrammiert.
~ Hexenverfolgung einst und heute ~
In Europa werden Opferzahlen von 40.000 bis 60.000 für wahrscheinlich gehalten. Das letzte europäische Opfer soll von Fischern der Halbinsel Hela (Putziger Nehrung, Danziger Bucht) im Zuge der “Wasserprobe” im Jahre 1836 gewaltsam ertränkt worden sein. Noch heute ist die Hexenverfolgung in einigen afrikanischen Staaten eine gängige Praxis und wird durch vereinzelte Sekten massiv propagiert. Die Opfer sind heute vornehmlich Kinder, die angeblich durch Dämonen besessen sind. Bei der vermeintlichen Austreibung, die häufig durch die eigenen Eltern bzw. Verwandte betrieben wird, werden den Opfern ätzende Flüssigkeiten (unter anderem sogar Salzsäure) gewaltsam eingeflösst. Die hieraus resultierenden schweren Verletzungen führen häufig zum Tod oder zu bleibenden Schäden. Seriöse Glaubens- gemeinschaften bekämpfen diese Morde und Verstümmelungen aktiv.
Häufig vertreten Historiker die These, dass von den Reformierten Glaubensgruppen, die Lutheraner eine besonders intensive Hexenverfolgung betrieben haben sollen. – Von den Opferzahlen mag dieses zutreffend gewesen sein, auf die Landesfläche nicht.
Die Hexenverfolgung wird häufig mit dem Begriff der Ketzerei in Verbindung gebracht, tatsächlich bildete die Ketzerei (cathar) einen eigenständigen Tatbestand, der von der Inquisition als besonders gefährdender Verstoß angesehen wurde. Wie bei der Hexenverfolgung wurde der Vorwurf der Ketzerei häufig als Mittel zum Zweck vorgeschoben. In diesem Zusammenhang kann die Verfolgung der Katharer angeführt werden. Im Jahre 1179 bereitete Papst Alexander III. durch die Exkommunizierung der Katharer ein „Grundbett“ für eine Verfolgung beispielhaften Ausmaßes. Auf dem Konzil von Verona erweiterte Papst Lucius III. im Jahre 1184 die Bekämpfung der Katharer durch die Bulle Ad Abolendam, hierin wurde verbindlich die Bekämpfung der Ketzerei vorgeschrieben. Parallel unterstützten teile des okzitanischen Adels, auch aus Eigennutz, militärisch die Bekämpfung der Katharer im Albigenserkreuzzug (1209 bis 1229). Im Jahre 1309/1310 fand die große Kartharerverfolgung durch die Verbrennung der Brüder Autier ihr vorläufiges blutiges Ende. Der Inquisitor Facques Fournier schloss in diesem Zusammenhang seine Untersuchungen im Jahre 1325 ab.
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